Vorsicht Falle!

Facebook-Mainstream mit Tsunami-Qualitäten: 500 Mio. Nutzer weltweit, davon 20 Mio. allein im deutschsprachigen Raum. Ein Kritiker sprach neulich von Facebook-Sklaven. Facebook - die unersättliche Datenkralle. Und da kippt der Vergleich, das Bild zu den „Sklaven“ irritiert: Die Facebook-„Freunde“ geben sich freiwillig preis, rücken gerne – in der Mehrzahl ohne kritisches Reflektieren ihres Tuns – persönliche Daten wie eMail-Adresslisten, Interessen, Vorlieben, Meinungen genauso wie Geburtstag, Anschrift und Telefonnummer etc. heraus. Im Gegensatz dazu sind mir keine Fälle bekannt, wo Sklaven freiwillig Sklaven werden wollten. Vielmehr erinnert das Facebook-Phänomen mehr und mehr an George Orwells 1949 erschienenen Roman „1984“ … um eine Ahnung davon zu vermitteln, wohin sich eine Datenkralle entwickeln (und wozu sie missbraucht werden) kann. Andersrum – mit den Worten des österreichischen Schriftstellers Peter Handke - gesagt: „Von dem, was die anderen nicht von mir wissen, lebe ich.“ (Das Zitat findet sich zu Beginn des für diesen Beitrag Anlass gebenden kritischen Buches!)

Lassen wir die Motivationen (und die mitunter erschreckend radikale Sorglosigkeit) der Privatiers an dieser Stelle außer Acht, sich bei Facebook anzumelden, sprich preiszugeben. Manche mögen zu Recht berufliche Gründe hierfür ins Gespräch bringen. Mag sein, dass der eine oder andere auch danach lebt: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Vielleicht sind wieder andere vom naiven Gut-Menschentum fasziniert, plötzlich sooo viele „Freunde“ zu haben … in der (trügerischen) therapeutischen Hoffnung, mittels dieses Netzwerkes ihre subtil schleichende Einsamkeit ablegen zu können. Hier nur der lapidare Hinweis: Facebook ist kein „Freund“! Es wird berichtet, dass bei einem Experiment in der Schweiz Facebook-Junkies auf Abstinenz gesetzt wurden … und während dieser Zeit waren die meisten Teilnehmer sichtlich entspannter und verhielten sich ausgeglichener!

Facebook, so scheint es, entkommt keiner! Auch kritische Geister sind der Meinung, dass künftig PR und Marketing ohne Facebook (oder vergleichbare so genannte Soziale Netzwerke) nicht mehr machbar seien. Vielleicht – vielleicht auch nicht!? Hier, bei Facebook, erreicht man bestimmte Verbraucher-Zielgruppen praktisch ohne nennenswerte Streuverluste. Das ist allgemeiner Konsens. Daher sollte man (und „frau“ ebenso!) genauestens wissen, worauf man sich einlässt, welche Risiken damit für das Unternehmen verbunden sind, die Facebook-Tour mitzufahren. Abgesehen von dem auf diese Weise unendlich reichlich produzierten Info-Müll empfiehlt es sich für jedes Unternehmen, das die Marketing-Kraft des Milliarden-„Unternehmens“ Facebook nutzen will, sich im Vorhinein unbedingt ein klares Konzept für etwaiges Krisen-PR zu entwerfen. Warum? Jedes Unternehmen hat Wettbewerber, die mitunter auch als (verdeckte) Feinde agieren … und jeder Chef hat „Spezies“, denen die Nase des Bosses nicht passt. Es ist bei Facebook ein Leichtes, mit einer gezielten Halbwahrheit oder auch Lüge, die als solche nicht sofort erkennbar ist, reichlich Negativ-Image zu produzieren für all die sich auf der Seite tummelnden „Freunde“. Auf diese Weise wird die so angegriffene Firma zuallererst bei deren treuesten „Freunden“ und damit öffentlich in Verruf gebracht. Wer als Firma dann nicht sofort weiß, was wie zu tun ist … hat ein Problem, ein sehr großes sogar. Und all die „guten Freunde“ – mithin wichtige Multiplikatoren – gehen ganz schnell auf Distanz! Große Konzerne haben das in der Vergangenheit schon sehr schmerzlich zu spüren bekommen. (Dass die komplette Social Networks-Problematik  freilich auch ein Riesengeschäft für die Beratungs- und Seminarbranche darstellt, sei nur am Rande erwähnt.)

Wer sich persönlich oder mit seinem Unternehmen bei Facebook tummelt oder dies für die nahe Zukunft beabsichtigt, sollte zuvor das unten genannte gut recherchierte Buch als Pflichtlektüre lesen. So weiß man (besser), worauf man sich einlässt … oder auch nicht! Und es kann nachher auch keiner jammern darüber, dass er um die Folgen seines Tuns nicht wusste. Übrigens: Wozu eigentlich noch Datenschutzbeauftragte bei Bund, Ländern oder Kommunen bezahlen, wenn die Schäfchen doch freiwillig ins Wolfsrudel laufen?

„Hemmungslos betreibt das größte und erfolgreichste soziale Netzwerk die kommerzielle Verwertung der persönlichen Daten seiner Nutzer“, heißt es warnend auf dem Backcover des u.g. Buches. Wer das Buch gelesen hat, mag enttäuscht und gar schockiert sein über das Menschengeschlecht … aber er versteht dann, weshalb „die Freiheit des Internets oft eine vermeintliche ist“ (Backcover).  Und noch ein letztes, im Buch nachzulesendes  Zitat – vom Facebook-Gründer und Jungmilliardär Marc Zuckerberg selbst: „Sie trauen mir, diese Idioten.“ Noch Fragen?! (SP)

Sascha Adamek: Die facebook-Falle. Wie das soziale Netzwerk unser Leben verkauft. Wilhelm Heyne Verlag, München 2011. (352 Seiten; 16,99 Euro)